Wissen ?lterer nutzt in Firmen und Freizeit

thumb_1talkic1RHEIN-LAHN/NASSAU. Die einen würden gern noch arbeiten, finden aufgrund des Alters aber keinen Job, andere stöhnen über den Rentenanspruch erst mit 67, manche brauchen als Ruheständler überfordert psychologischen Beistand und wieder andere geben ihre Kompetenz ohne Chef und Firmenstruktur froh gelaunt an Gleichgesinnte und Jüngere weiter: Die so genannte Generation 50plus sorgt für Gesprächsstoff in der Gesellschaft und stand auch beim „Talk im Café“ in Nassau im Mittelpunkt.

thumb_1talkic0„Wir alle wünschen uns, lange zu leben, nur alt werden wollen wir nicht“, begrüßte Moderator Dieter Wortmann im Namen der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden im Nassauer Land das voll besetzte Café Bressler. An seiner Seite hatten die Veranstalter von der Ökumene im Nassauer Land in Kooperation mit der evangelischen Bildung Rhein-Lahn für kompetente Gesprächspartner gesorgt.

thumb_1hofmannLothar Hofmann, Chef der Arbeitsagentur-Geschäftstelle Bad Ems, wartete mit informativen Zahlen auf. Von den 4,22 Millionen arbeitslos gemeldeten Menschen in Deutschland sind 26,3 Prozent über 50 Jahre alt. In den Verbandsgemeinden Bad Ems und Nassau sind es von den 913 Arbeitslosen 184. Hofmann nannte eine ganze Reihe von Maßnahmen und Zuschussregelungen, mit denen die Agentur zum einen versucht, ältere Arbeitslose bei der Suche nach einem Job zu unterstützen, und zum anderen die Bereitschaft der Arbeitgeber zu erhöhen, die Kompetenz der über 50-Jährigen zu nutzen und einzusetzen. Hofmann wies auch auf die demographisch bedingten Herausforderungen für die Betriebe hin, den künftigen Fachkräftemangel, dem rechtzeitig mit Qualifizierung, Gesundheitsförderung und Arbeitsplatzgestaltung begegnet werden müsse.

thumb_1gerstenbergAdelheid Gerstenberg vom Dan Casriel Institut in Hadamar wusste aus ihrer Praxis von Lebenskrisen zu berichten, gerade dann, wenn Sicherheiten wie etwa durch Kündigung oder Ruhestand weg brechen. „Wenn ich Menschen finde, mit denen ich reden kann und eine sinnvolle Beschäftigung, kann ich jeden Bruch im Leben überwinden“, so die Überzeugung der Psychotherapeutin. Diese Erfahrung machen nicht nur Besucher ihrer Einrichtung, sondern auch eine 70-jährige Reinigungskraft, die sie einstellte, weil diese zuhause das Gefühl hatte, wahnsinnig zu werden.

 thumb_1liebermannZahlreiche Beschäftigungen für rüstige Rentner bietet seit vielen Jahren das Seniorenbüro des Rhein-Lahn-Kreises „Die Brücke“. Jürgen Liebermann von den „Netten Nachbarn“ schilderte, wie wichtig die Hilfe und dadurch auch Kontakt und Austausch mit hilfsbedürftigen älteren Menschen für beide Seiten ist, wenn er etwa einfache handwerkliche Arbeiten macht oder beim Schriftverkehr behilflich ist. „Die Couch ist prima, aber bleiben sie nicht zu lange drauf sitzen“, forderte Dieter Zorbach, Sprecher der Initiative 55 plus-minus im evangelischen Dekanat St. Goarshausen die stattliche Zuhörerschar auf. Er widersprach Wortmanns Eingangssatz, dass niemand alt werden wolle. „Das ist heutzutage doch eine prima Sache“, so Zorbach, dessen Mitstreiter zwischen 38 und 86 Jahre alt sind.

thumb_1zorbachAm Ende seiner Berufszeit habe er sich so kompetent wie nie zuvor gefühlt, was auch Ausgangspunkt für die Mitstreiter der Initiative sei. Aktuell rund 250 Menschen geben in mittlerweile 26 Einzelprojekten – vom Sprachkurs über Gesprächskreise zu aktuellen Themen, Kartoffel-Workshops und Bildungsreisen bis hin zu Lesepatenschaften – ihr Wissen weiter oder widmen sich Themen, für die sie im Berufsleben keine Zeit hatten. „Der Austausch auf gleicher Augenhöhe ist uns dabei wichtig, und Geld gibt es auch nicht“, so Zorbach.

Ob man sich Tätigkeiten jenseits des Rentenalters honorieren lässt oder nicht, war auch in der anschließenden Diskussion ein Thema. Manche Rentnerin sei auch darauf angewiesen, noch etwas dazu zu verdienen. Adelheid Gerstenberg regte einen noch stärkeren Austausch der Generationen an, denn „viele Kinder sind heute auf sich allein gestellt, da wären die Eltern froh, ältere Nachbarn würden sich um sie kümmern.“ Pater Heinz Klapsing forderte noch mehr Unterstützung für die Arbeitslosen jenseits der 50, die nicht wissen, wie sie ihr Haus abbezahlen sollen oder bei denen Krankheit die Existenz bedroht und appellierte an die Runde, diese nicht zu vergessen. (bcm)

Informationen zur Initiative 55plus-minus gibt es im Internet unter www.i55-evkirche.de

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