Reformationsfest ist auch 2019 ein Ruf in die Freiheit

Reformationsfest ist Ruf in die Freiheit

Evangelischer Feiertag wird am 31. Oktober auch mit Musik, Mittelaltermarkt und Mahlzeiten gefeiert

 RHEIN-LAHN. (28. Oktober 2019) Vor 502 Jahren, am Vorabend des Allerheiligen-Festes, brachte Martin Luther seine 95 Thesen in Umlauf – der Beginn der Reformation. Am 31. Oktober jeden Jahres erinnert der Reformationstag an dieses Ereignis, und auch in diesem Jahr laden viele evangelische Kirchengemeinden im Rhein-Lahn-Kreis zu Reformationsgottesdiensten ein, am Tag selbst und zum Feiern am kommenden Sonntag.

„Wir brauchen nicht jedes Jahr einen Martin-Luther-Gedenktag“, sagt die Dekanin des evangelischen Dekanats Nassauer Land Renate Weigel. „Aber die Botschaft von der Gnade und der Ruf in die Freiheit, die so eng mit dem Reformationsfest verbunden sind, gehören jedes Jahr bedacht, ausgerufen, gefeiert“, so die Theologin. Einen 31. Oktober ohne das Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ könne sie sich jedenfalls nicht vorstellen.

Auch wenn die Feiern im Vergleich zum 500. Jahrestag 2017 vielfach etwas unauffälliger stattfinden, wie etwa in den Gottesdiensten am 3. November, so stehen in den Regionen am Feiertag selbst, dem 31. Oktober, einige besondere Veranstaltungen zur Auswahl. Beispiele:

Die evangelischen Kirchengemeinden in der Esterau etwa beginnen ihr Reformationsfest um 18 Uhr mit einem Gottesdienst in der Kirche in Eppenrod. Im Anschluss geht es dann zum Dorfplatz vors Rathaus, wo auf Besucherinnen und Besucher mittelalterliche Stände mit Handgemachtem sowie leckeres Essen und Trinken „aus Kätchens Küche“ zum Bummeln und Feiern einladen und an die Zeit des Martin Luther erinnern. Die Credo-Messe von Wolfgang Amadeus Mozart wird der Kämmerchenchor unter der Leitung von Andreas Frese im Rahmen des Reformationsgottesdienstes um 19 Uhr in der Stiftskirche in Diez im Verlauf der Liturgie aufführen. Nach dem Gottesdienst endet der Abend dann traditionell bei Bratwurst und Bier vor der Stiftskirche. In Cramberg öffnen sich die Kirchentüren um 19.30 Uhr für einen Reformationsgottesdienst.

„Jeder Christ ein Priester?!“ lautet das Thema in der evangelischen Kirche von Klingelbach um 19 Uhr. Dabei wird Luthers These vom Priestertum aller Gläubigen praktisch genommen: Lektorinnen und Lektoren, Prädikantinnen und Prädikanten sowie Pfarrerinnen gestalten den Gottesdienst gemeinsam. Einen Gottesdienst mit Musik des Kirchenchores wird auch in Miehlen um 19 Uhr gefeiert. Die Vorstellungen des neuen Konfirmandenjahrgangs wird in Bad Ems am Reformationstag um 19 Uhr in der evangelischen Martinskirche in den Reformationsgottesdienst eingebunden.

„Ein feste Burg ist unser Gott!“ ist der Reformationsgottesdienst überschrieben, zu dem die evangelischen Kirchengemeinden an der Loreley gemeinsam um 19 Uhr in die evangelische Kirche nach Weyer einladen. Mit dabei sind die Konfirmandinnen und Konfirmanden aus den Kirchengemeinden Kaub mit Sauerthal, Nochern mit Weyer und Lierschied und St. Goarshausen mit Auel. (bcm) 

Zum Foto:
Mittelalterliche Stände und selbst gemachte Leckereien erwarten die Reformationsfest-Gäste nach einem Gottesdienst in der Kirche auf dem Dorfplatz am Rathaus in Eppenrod. Auf der Wartburg (Foto oben) übersetzte Luther die Bibel ins Deutsche; an deren Fuß im Eisenacher Lutherhaus (Foto darunter) gibt es viel über die Reformation und ihre Bedeutung für heutige Generationen zu erfahren. Fotos: Bernd-Christoph Matern

Kirchenpräsident Jung: Die Welt im Licht der Liebe sehen

WIESBADEN/RHEIN-LAHN. (31. Oktober 2019) Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung, hat sich am Donnerstagabend in Wiesbaden für ein starkes gesellschaftliches Engagement der Kirche beispielsweise in Fragen des Klimaschutzes ausgesprochen. Jung erteilte dabei allen Stimmen eine Absage, die der Kirche nahelegten, sich aus politischen Fragen herauszuhalten. „Wer sich von Gottes Wahrheit und seiner Liebe leiten lässt, sieht nicht nur den Nächsten mit anderen Augen, sondern auch diese Welt“, sagte Jung im diesjährigen Reformationsgottesdienst. So sei die Welt den Menschen nach christlichem Verständnis „von einem liebenden Gott anvertraut worden, dass wir sie bebauen und bewahren“. Jung: „Deshalb kann und darf es uns nicht egal sein, ob wir mit der Art, wie wir leben, den nächsten Generationen die Lebensgrundlagen entziehen.“

Antisemitismus ist Gotteslästerung

Nach Worten Jungs ist es gegenwärtig auch nötig, ein deutliches Zeichen gegen jeglichen Antisemitismus zu setzten. Gerade angesichts der „schlimmen antijüdischen Äußerungen des  Reformators Martin Luther“ in seinen späten Schriften sei dies auch am Reformationstag wichtig. „Ich bin froh, dass wir uns deutlich vom Antijudaismus Martin Luthers distanziert haben. Und dass damit auch eine klare Absage an jede Form von Judenmission verbunden war. Damit sagen wir auch: Wir sind mit unseren jüdischen Geschwistern in unserem Glauben verbunden. Antisemitismus ist Gotteslästerung.“ 

Gottesliebe fordert Nächstenliebe

Nach Ansicht Jungs gehöre zur Gottesliebe unauflöslich die  Nächstenliebe. Die biblische Anweisung Gott lieben – von ganzem Herzen und ganzer Seele und mit aller Kraft bedeute im jüdischen und im christlichen Glauben, den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Der Mensch ist nach Jung ein „Geschöpf des einen und einzigen Gottes“. Jung: „Wer sich von Gottes Wahrheit und seiner Liebe leiten lässt, kann nicht anders als denen entgegenzutreten, die menschenverachtend reden und handeln. Wer sich von Gottes Wahrheit und seiner Liebe leiten lässt, kann nicht anders als Hassreden zu widersprechen, die sich gegen Juden, Muslime, Christen oder wen auch immer richten.“

Grundlage der Predigt von Kirchenpräsident Volker Jung war der Text aus dem 5. Buch Mose, Kapitel 6, Verse 4 bis 9. Der Abschnitt enthält das „Höre Israel“, das für Jüdinnen und Juden zu den zentralen Texten ihres Glaubens gehört. (vr)

Reformationstag: Hintergrund zum 31. Oktober 1517

Am 31. Oktober erinnern Protestantinnen und Protestanten in aller Welt an den Beginn der Reformation durch Martin Luther vor über 500 Jahren. Der Mönch und Theologieprofessor brachte am Tag vor Allerheiligen 1517 seine 95 Thesen zu Ablass und Buße in lateinischer Sprache in Umlauf, um über die damalige Glaubenspraxis eine Diskussion unter Gelehrten auszulösen. Laut der Überlieferung soll er seine Thesen dazu auch an die Schlosskirche in Wittenberg angeschlagen haben. Damit leitete Luther die Reformation ein, die zur Gründung der evangelischen Kirche führte.

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