Kirchen bauen Brücken mit Artistik, Zauberei, fetziger Musik, Street-Art und im Dialog mit Politik
BAD EMS/RHEIN-LAHN. (20. Juni 2023) „Solidarisch“– in diesem Themenfeld haben sich die evangelische und katholische Kirche sowie die Diakonie während des Rheinland-Pfalz-Tages mit Street-Art und Action in Bad Ems präsentiert. Zu einem Hingucker entwickelten sich nicht nur die mehr als ein Dutzend Auftritte der Artistengruppe „Flyguys“, die dem Kirchenmotto „Brücken bauen“ ordentlich auf die Sprünge halfen. Aus einem Sozialprojekt in Bochum entstanden, sind die Straßen-Artisten heute weltweit mit ihren Shows unterwegs, die an den Mode-Sport Pakour angelehnt sind. Mit einer speziell für den Kirchenauftritt entwickelten Choreographie mit waghalsigen Sprüngen schafften sie es, Brücken zwischen den Menschen zu schlagen und Besucherinnen und Besuchern ein Staunen ins Gesicht zu zaubern.

Brücken bauen: Das nehmen die evangelische und katholische Kirche wörtlich. Über den 3D-Abgrund von Street-Art-Künstler Edgar Müller bauten sie eine Leonardo-Brücke. Kirchenpräsident Volker Jung und Bischof Georg Bätzing wagten sich– nicht ohne Selbstironie – darauf, um sich die Hände auszustrecken. Foto: Volker Rahn
Zum echten Hingucker entwickelte sich ein Straßenkunst-Projekt der Kirchen auf dem Rheinland-Pfalz-Tag. Ein klaffender Abgrund aus Felsen mit Blick auf Lava und Wasserströmen in 3D-Optik ließ Passanten erschaudern. Der Street-Art-Künstler Edgar Müller hatte das Bild in einwöchiger Arbeit auf dem Boden in Bad Ems geschaffen. Unter Anleitung der Evangelischen Jugend im Dekanat Nassauer Land versuchten sich viele Menschen darin, eine Leonardo-Brücke über den Abgrund zu bauen, die aus losen Balken besteht. Kein leichtes Unterfangen und ähnlich schwierig, wie sich in diesen Zeiten Brücken zwischen den gesellschaftlichen Gruppierungen bauen lassen. Das Werk mutierte zu einem beliebten Foto-Motiv beim Landesfest.
Es regte den Limburger Bischof Georg Bätzing und den hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung an – nicht ohne Selbstironie – gemeinsam in den Abgrund zu blicken und sich die Hand fürs Foto über die optische Schlucht hinweg zu reichen. Wie wichtig das Miteinander ist, demonstrierten an gleicher Stelle Landrat Jörg Denninghoff und Dekanin Kerstin Janott. Der Mensch sei als Beziehungswesen angelegt, sagte die Theologin. Das Kirchenprogramm war ein Gegenentwurf, sich in die eigenen vier Wände und Denk- und Meinungsmauern zu verziehen.
Besucherinnen und Besucher der Kirchenauftritts erwartete ein abwechslungsreiches Programm aus Comedy, Gospel, Pop und Rock auf der Kirchenbühne in der Viktoriaallee. „Eine der schönsten Formen des Brückenbauens ist, miteinander zu singen“, begrüßte Fabian Vogt mit Band zum Auftakt mit bekannten Songs. Vor allem Kinder zog der zauberhafte Schmittini in seinen Bann und brachte sie zum Kreischen. Erfrischend das Comedy- und Musik-Duo „Superzwei“, die mit hessischer Lebensart den Rheinland-Pfalz-Tag infizierten: „Ich bin Hesse und muss was esse“. Unterschiedlichste musikalische Geschmäcker wurden gestillt.
Ein Glanzpunkt: die Band „Blind Foundation“ mit sehbehinderten Menschen, die es mit ihren Gigs mit Pop und Rock ordentlich krachen ließ. Gefühlvolle Balladen servierte Singer-Songwriter Thilo Distelkamp aus Neuwied. In doppeltem Sinn in Bewegung brachten die „Blue Land Gospel Voices“ mit Mitgliedern aus der ganzen Region das Publikum. Chorleier Hans-Jörg Fiehl war ein echter Begeisterer und Brückenbauer, der die Menge vor der Bühne sogar zum mehrstimmigen Mitsingen motivierte.
In der illuminierten katholischen Martinskirche nebenan ließ sich an den drei Tagen nicht nur etwas Abkühlung und Ruhe von Hitze und Trubel tanken. Dort bescherte tolle Kirchenmusik gesegnete Momente wie etwa beim gemeinsamen Auftritt des Limburger Domchors und des St.-Martin-Chores Bad Ems. Viel Applaus heimsten auf der kommunalen Bühne die Kinderchöre der Pfarrei St. Marin und St. Damian mit ihrem Musical „Der große Turm“ ein. Fröhliches Gewusel herrschte rund um die Angebote des Spielmobils des Bistums neben der Martinskirche.
In einem ökumenischen Gottesdienst hatten am Samstagvormittag der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung, und der Limburger Bischof Georg Bätzing dazu aufgerufen, Trennendes zwischen Menschen zu überwinden. Hier finden Sie einen ausführlichen Bericht zu dem Gottesdienst.
Mit gute Laune-Hits stimmten die CrossOverBand und die christlichen Rockmusiker von „unbagged“ am Sonntag auf der EKHN-Bühne auf den großen Festzug ein. Am Nachmittag befragte Dekanin Janott evangelische wie katholische Mitwirkende nach ihren Erfahrungen zum Brückenbauen während des Landesfestes. „Begeistern kann der Anfang vom Brückenbauen sein“, sprach Gemeindepädagoge Werner Schreiner vielen Anwesenden aus der Seele. (vr/bcm)
Zu den Fotos:
Brücken bauen: Das nehmen die evangelische und katholische Kirche wörtlich. Über den 3D-Abgrund von Street-Art-Künstler Edgar Müller bauten sie eine Leonardo-Brücke. Kirchenpräsident Volker Jung und Bischof Georg Bätzing wagten sich– nicht ohne Selbstironie – darauf, um sich die Hände auszustrecken ebenso wie Dekanin Kerstin Janott und Landrat Jörg Denninghoff.
Poesie mit athletischer Körperbeherrschung: Die Akrobaten der Flyguys setzten das Thema auf der EKHN-Bühne immer wieder in Szene und faszinierten die Menschen auf der Festmeile mit ihren Shows. Ob mit Gospels, hessisch musikalischer Blödelei von den „Superzwei“, christlichem Rock oder eigener Stimme – Musik war ein verbindendes Element beim Kirchenprogramm. Für Pop, Rock und Party, die keine Grenzen kennen, sorgte die Band „Blind Foundation“.
Etwas zur Ruhe kommen und tolle Kirchenmusik genießen: Im Innern der illuminierten katholischen Martinskirche nutzten das viele Gäste des Landesfestes. Der katholische Bezirksdekan Armin Sturm warb mit Dekanin Janott nicht nur ums Verbindende zwischen den Menschen, er ging auch im Festzug mit.
Zur Abschlussandacht auf der EKHN-Bühne fragte Dekanin Kerstin Janott nach den verbindenden Momenten des Rheinland-Pfalz-Tages und erhielt sehr vielfältige Auskunft. Vor allem Begeisterung sei der Beginn vom Brückenbauen. Fotos: Matern/Rahn






















