RHEIN-LAHN. Den Mangel an Religionsunterricht in den ersten und den achten Klassen an den Schulen im Rhein-Lahn-Kreis und im Westerwaldkreis beklagt der Studienleiter des Religionspädagogischen Amtes (RPA) in Nassau, Dr. Jens Feld. In seinem Jahresbericht 2006 stellt Feld außerdem einen Anstieg der religionspädagogischen Fortbildungen von Schulleitungen und einen Rückgang der Anzahl von Pfarrern im Fach Religion fest. Mit den Begründungen „die Kinder sind doch noch zu klein“ oder „die bekommen doch Konfirmandenunterricht“ werde in den Klassenstufen eins und acht zu wenig Religionsunterricht erteilt, so Feld.
„In der Primarstufe erhielten 2006 nur 79 Prozent der evangelischen Schülerinnen und Schüler Religionsunterricht.“ Dagegen seien die jungen Schüler dem Reli-Unterricht gegenüber in der Sekundarstufe I, also den Klassen fünf bis zehn, besonders aufgeschlossen. „In diesem Bereich haben sich in allen Schulformen im Westerwald- und im Rhein-Lahn-Kreis gerade einmal 16 von 8109 Kindern vom Religionsunterricht abgemeldet.“ Der evangelische Religionsunterricht wird übrigens nicht nur von evangelischen Kindern besucht. 13 Prozent aller Schüler, die daran teilnahmen, waren nicht evangelisch.
Einen großen Andrang verzeichneten verzeichneten zwei junge evangelische Bildungseinrichtungen im Westerwald, das evangelische Gymnasium in Bad Marienberg und die evangelische Grundschule in Mogendorf: Ein Drittel der Bewerber musste mangels Plätzen abgelehnt werden. Für Feld gibt es bei den Privatschulen in Deutschland noch erhebliches Entwicklungspotenzial: „In Holland besuchen mehr als 70 Prozent der Kinder eine Privatschule, in Deutschland sind es sieben Prozent.“
Steigende Teilnehmerzahlen registrierte Feld im Jahr 2006 bei der religionspädagogischen Fortbildung von Schulleitungen. 805 Teilnehmer nutzten insgesamt das Angebot des Amtes in Nassau, 120 mehr als 2005. „Mein Ziel ist es, die Zahlen der Teilnehmer mittelfristig zwischen 600 und 700 einzupendeln“, so Feld, mehr sei von der Kapazität her kaum noch zu leisten. „Andererseits ist es sehr erfreulich, dass Lehrer in so hohem Maße an den Veranstaltungen teilnehmen und so die Nähe kirchlicher Themen suchen und finden.“ Lobenswert sei dabei die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern in den fünf Dekanaten, im Bistum Limburg und beim schulpsychologischen Dienst.
Rückläufig in den Dekanaten Bad Marienberg, Diez, Nassau, St. Goarshausen und Selters, dem Zuständigkeitsgebiet des RPA Nassau, die Zahl von Pfarrern, die in den Schulen evangelische Religion unterrichten. Sie halten nur noch 14 Prozent der Unterrichtsstunden, vor zwei Jahren waren es noch 18 Prozent“, so Feld. Für beklagenswert hält es der Studienleiter, dass der Religionsunterricht – ungeachtet der Konfession – im Bewusstsein und Verständnis der Kirchengemeinden oft etwas kurz kommt. Feld: „Hier sollten wir gegensteuern. Wo sonst erreichen wir Tausende von Kindern und – allein in meinem Bereich – 500 Lehrkräfte, die sich für unsere Kirche engagieren?“
Unverständlich ist Feld, dass Pfarrer vom Religionsunterricht entpflichtet werden können, aber dennoch Konfirmandenunterricht erteilen müssen, wo letztere Lerngruppe in der schwierigen Phase der Pubertät wesentlich problematischer zu unterrichten sei. „Eine solche Gruppe gibt es in der schulischen Pädagogik gar nicht“, so Feld. „Hier müsste die Entlastung betroffener Kollegen umfassender sein.“ Der Konfirmandenarbeit am Wochenende werde mit Blick auf die Ausbreitung der Ganztagsschulen noch mehr Bedeutung zukommen, wirft Feld noch einen Blick in die Zukunft der Religionspädagogik. (bcm)
Informationen über das Fortbildungsprogramm des RPA im Jahr 2007 gibt es im Internet unter www.rpa-nassau.de
Abitur-Statistik: Im Westerwaldkreis machen 13 Prozent, im Rhein-Lahn-Kreis 23,6 Prozent der Kinder Abitur, in Rheinland-Pfalz sind es insgesamt 23,2 Prozent. Quelle: Statistisches Landesamt
