BAD EMS. Der Alltag fordert meist den Blick nach vorn und lässt oft keine Zeit, sich mit der Geschichte zu beschäftigen. Die ehemalige Oberin des Diakoniewerkes Friedenswarte in Bad Ems, Schwester Christel Oeser, hatte sich deshalb besonders auf ihren Ruhestand gefreut, um sich endlich der Historie der Einrichtung widmen und sie anschaulich darstellen zu können, damit sie der Nachwelt erhalten bleibt. Am 29. April 1889 begannen in Bad Ems erstmals Diakonissen aus Bern ihren ambulanten Dienst an Kranken und hilfesbedürftigen Alten.
Einen schon in ihrer Dienstzeit lang gehegten Wunsch hat Christel Oeser jetzt in die Tat umgesetzt. Im Bad Emser Diakoniewerk Friedenswarte richtete sie ein Geschichtszimmer ein. Es dokumentiert mit vielen Fotos, alten Unterlagen, Protokollen sowie mit unterschiedlichsten Gegenständen – vom Essbesteck bis zum Mobiliar – die 118-jährige Geschichte des Diakonissenhauses in Bad Ems und deren Beziehung zum Mutterhaus in der Schweiz und befreundeten Einrichtungen.
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Es wäre schade, wenn das alles irgendwo lagern und verstauben würde“, erklärt Oeser ihre Recherche und die in dem kleinen Zimmer zusammengetragene Sammlung. Eine zeitaufwändige Arbeit, zumal in den Akten zwischen 1923 und der Vereinsgründung 1936 eine große Lücke klafft. Angesichts der Tatsache, dass einmal 300 Diakonissen von Bad Ems aus ihren Dienst taten, wo heute noch 17 leben, ist es der Oberin ein Anliegen, für jüngere Generationen die vielschichtige, segensreiche Arbeit der Schwestern in Erinnerung zu rufen, zu würdigen und zu archivieren. Oeser: „Das Zimmer dokumentiert, wie früher Diakonie betrieben wurde.“
Oeser hat das Zimmer eingeteilt in Stätten und Städte, die für die Geschichte der Bad Emser Schwestern von Bedeutung sind. So gibt es natürlich eine „Bern-Ecke“, in der Fotos von Sophie von Wurstemberger oder von Jenny Schnell und Friedrich Dändliker auf die ins Jahr auf die bis ins Jahr 1844 zurückreichenden Wurzeln des hinweisen, bevor 1889 die Pfarrer Georg Vömel und Rudolf Heydemann mit dem Bau des ersten Krankenhauses „Diakonissenheim“ auch in Bad Ems dafür sorgten, dass nicht nur für die reichen Kurgäste, sondern auch für das „arme Volk“, insbesondere die Bergarbeiter, der Grundstein für eine medizinische Versorgung gelegt wurde. Zuvor, genau am 29. April 1889, hatten zwei Diakonissen aus Bern auf Initiative der beiden Pfarrer mit ihrer ambulanten Hilfe für kranke und alte Menschen begonnen.
Die „Köln-Ecke“ erinnert an die später dort ausgebildeten Krankenschwestern, bevor in Bad Ems eine eigene Krankenpflegeschule eingerichtet wurde. Aber auch an Beziehungen zum Haus „Jerusalem“ in Hamburg oder die in Wiesbaden tätigen Schwestern wird hingewiesen.
Historische Fotos erinnern sowohl an die bauliche Entwicklung von Kranken- und Diakonissenhaus als auch an die jeweiligen Verantwortlichen, an Vorsteher und Oberinnen, an Schwestern sowie an die Nutznießer der Einrichtung. Etwa an den Zulauf zum „Jungfrauen-Verein“, das große Interesse von Kindern am Angebot der Schwestern in Kindergottesdienst (der damals noch „Sonntagsschule“ hieß) und Mädchenkreisen.
Viele Akten und Nachlässe studierte und nahm Oeser genau unter die Lupe, unter anderem bei einem Aufenthalt im Berner Mutterhaus im Jahr 2006. Da findet sich das am 30. Juli 1889 erstmals angelegte Protokollbuch ebenso wie Porzellan, das russische Badegäste den Diakonissen schenkten, ein Service, das bei den Festessen nach dem Examen genutzt wurde, Zinn-Abendmahlskannen von 1860, Laute und Psalter sowie Möbel aus dem Nachlass verstorbener Schwestern. Natürlich darf auch die traditionelle Tracht der Bad Emser Diakonissen nicht fehlen, Haube mit Schleife, das Medaillon aus der Schweiz.
Sehenswert auch Kleinode wie der Gästebuch-Eintrag von Friedrich Dürrenmatt im Kühlungsborner Ferienheim des Diakoniewerkes, ein Foto des ältesten Bürgers Deutschlands, der 1953 im 108. Lebensjahr zur Kur im Haus Hindenburg in Bad Ems weilte oder eine 100 Jahre alte Puppe in Schwestertracht. Das Geschichtszimmer bietet einen erlebenswerten Einblick in die Historie der Bad Emser Diakonissen. Es kann von Interessenten besucht werden. Nähere Informationen unter Telefon 02603/6020. (bcm)
