Gipfel, Glocken und Gebete f?r Gerechtigkeit

thumb_18minutenRHEIN-LAHN. Um punkt 18 Uhr läuteten heute Abend in vielen evangelischen Kirchengemeinden Deutschlands für acht Minuten die Kirchenglocken. Auch im Rhein-Lahn-Kreis luden sie zu Andachten anlässlich der Eröffnung des Gipfeltreffens der Regierungschefs der acht führenden Industrienationen in Heiligendamm ein. „Lassen sie uns acht Minuten stille sein, um uns mit den Menschen verbunden zu fühlen, die beim evangelischen Kirchentag in Köln Ideen austauschen, wie Christen den Menschen helfen können, denen es nicht so gut geht wie uns“, sagte der Bad Emser Gemeindepfarrer Wilfried Steinke, der in der evangelischen Martinskirche zu Frieden, Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung aufrief. Auch andere Gemeinden im Rhein-Lahn-Kreis folgten der Anregung des Evangelischen Entwicklungsdienstes (eed) und der Aktion „Brot für die Welt“, die zu der Aktion „8 Minuten für Gerechtigkeit“ aufgerufen hatten.

„Sonne der Gerechtigkeit weck die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit“, erschallte es in der evangelischen Martinskirche der Kurstadt, wo eine Schar Besucher um Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung betete. Was es heißt, Verantwortung zu übernehmen, machte Gemeindepfarrer Wilfried Steinke am Beispiel des Turmbaus zu Babel deutlich. Einig seien sich die G8-Teilnehmer in den Zielen: Klimaschutz, Frieden in der Welt und die Bekämpfung der Armut. „Alle wollen an diesen Türmen bauen, aber sie streiten über die Verwirklichung der Ideen“, so der evangelische Theologe.

thumb_1steinkeWährend über die richtigen Wege gestritten werde, drohe den Menschen in Afrika von der Klima-Katastrophe am ehesten betroffen zu sein. Steinke leitete aus der Bibel ab, dass Gott immer auf der Seite derer ist, die Hilfe nötig haben; etwa, wenn es darum gehe, die Würde armer Menschen wieder herzustellen. So gebe es bei Mose klare Vorgaben, wie mit Menschen umzugehen sei, die Hilfe nötig haben, und dann werde der Arme denjenigen, der ihm etwas gibt, segnen. „Dazu gehört nicht, diesen Ländern billige Importware zum Verzehr anzubieten, während die eigenen Rohstoffe verrotten, weil sie zu teuer sind“, so Steinke. Dass Reiche immer reicher und Arme immer ärmer werden, müsse zum Thema beim Gipfel in Heiligendamm gemacht werden. „Sonst werden die Armen irgendwann aufstehen und sich gegen die Reichen wehren, die sie ihrer Würde beraubt haben“, erklärte der Pfarrer.

 Hinter die Aktion stellte sich auch die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). „Die Aktion ist kein Protest gegen die Globalisierung oder gegen den G8-Gipfel", sagte Kirchenpräsident Dr. Peter Steinacker in Darmstadt. „Wir wollen den Gipfel geistlich im Gebet begleiten." Gerade angesichts der „erschreckenden Gewaltexzesse in Rostock" sei es besonders wichtig, Orte und Zeiten anzubieten, in denen Menschen „auf friedliche, inhaltlich angemessene und geistliche Weise ihren Bezug zum G8-Gipfel zum Ausdruck bringen können". Die komplexen Strukturen und Probleme in der globalisierten Welt seien eine große Herausforderung, der man nicht ausweichen könne. Vielen Menschen sei das bewusst. Wörtlich sagte Steinacker: „Angesichts der Schwierigkeit ihrer Aufgabe haben die beteiligten Spitzenpolitiker eine geistliche Begleitung im Gebet bitter nötig".

Nach Auffassung Steinackers seien Spitzentreffen wie in Heiligendamm unverzichtbar, wenn man die Globalisierung nach ethischen Kriterien mitgestalten wolle. Allerdings würden solche Treffen in der Regel noch keine konkreten Ergebnisse hervorbringen sondern diese nur vorbereiten. Dazu müssten sie aber in einer Atmosphäre äußerer Ruhe und interner Offenheit stattfinden. Das sei in Heiligendamm kaum möglich. Steinacker verwies auf die Kritik von Altbundeskanzler Helmut Schmidt, dass nach alter politischer Erfahrung Spitzengespräche an abgeschiedenen Orten zu besseren Ergebnissen führten.

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Kommentare sind geschlossen.