KOBLENZ/RHEIN-LAHN. (11. Januar 2015) Die Stiftung Scheuern aus Nassau zeigt in Zusammenarbeit mit dem Verein Mahnmal Koblenz ihre Dokumentation „Vergiss mich nicht und komm…“ vom 13. Januar bis zum 3. Februar in der Citykirche Koblenz zum Gedenken an die Opfer nationalsozialistischer Gewalttaten. Mit der Ausstellung gedenkt sie insbesondere der Opfer der Zwangssterilisationen und NS-Krankenmorde in Koblenz und Umgebung zwischen 1934 und 1945.
Mit der Ausstellung setzt die Stiftung ein Zeichen gegen das Vergessen, erinnert an das dunkelste Kapitel ihrer 166-jährigen Geschichte. „Vergiss mich nicht und komm…“ waren die verzweifelten Worte des ermordeten Karl L. in seinem Brief an seine Schwester. Karl L. gelangte mit einem Sammeltransport im April 1941 nach Scheuern und wurde am 16. Mai 1941 nach Hadamar transportiert. Seine Zeilen wurden nie abgeschickt, erinnern aber an das unsagbare Verbrechen der Vernichtung des sogenannten unwerten Lebens, den brutalen Mord an Menschen mit Behinderung und an eine Zeit, in der Einrichtungen der Behindertenhilfe von den Nazis als Zwischenanstalten missbraucht wurden.
Zu diesen gehörte auch die heutige Stiftung Scheuern in Nassau. Fast 1500 Menschen aus der Zwischenanstalt Scheuern wurden unter der Herrschaft der Nationalsozialisten in Hadamar umgebracht. Viele der getöteten Menschen spürten sehr genau, was sie erwartete. Das belegen nicht nur die Briefe, die sie wie damals Karl L. hinterließen. Auch dem Koblenzer Alois G. wurde das Lebensrecht abgesprochen. Den größten Teil seines Lebens verbrachte er in seinem Elternhaus in der Salierstraße. Von da aus kam er nach Scheuern und lebte in der Zwischenanstalt ein knappes Jahr. Im Alter von 17 Jahren wurde er in Hadamar am 1. Juli 1941 vergast.
In der Ausstellung wird der vom NS-Regime getöteten Bürger der Stadt Koblenz und der ehemaligen Bewohner der Stiftung Scheuern gedacht. So beleuchtet die Ausstellung auch das Schicksal von Katharina H. Sie fiel ebenfalls der Aktion T4 zum Opfer und lebte seit 1911 in der damaligen Anstalt Scheuern. Am 30. März 1941, zwei Tage vor ihrem Weg in den Tod, schrieb sie an ihre Familie „…muss nur weinen und nichts weiter als weinen…“ und „…behüt mich Gott, dass ich auch noch einmal frohe Stunden erleben dürfe…“.
Ab 1941 wurden Urteile über den Wert menschlichen Lebens gefällt und Scheuern zum Handlanger der Urteilsvollstreckung gemacht. Die Stiftung Scheuern ruft in Erinnerung an die eigene Geschichte zur Wachsamkeit auf und mahnt, dass es niemals mehr ein solch grauenhaftes Zusammenspiel von politischer Ideologie und einer gesund und rein zu haltenden Rasse geben darf. Niemals mehr dürfen Menschen in einer Gesellschaft als „Ballastexistenzen“ unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt für einen Staat eingestuft werden. Diese furchtbaren Gräueltaten dürfen sich nie mehr wiederholen und darum ist die Stiftung Scheuern gegen das Vergessen. Sie setzt sich in der Gegenwart dafür ein, Leben zu schützen, wo immer Leben geschützt werden will.
