RHEIN-LAHN/WIESBADEN. „Gesellschaftliche Verantwortung durch Bildung, Diakonie und Ökumene sind wichtige evangelische Handlungsfelder, die es zu stärken gilt“. Das erklärte der Propst für Südnassau, Dr. Sigurd Rink, als er in Wiesbaden die „Nassauer Erklärung“ zum Abschluss des „Nassau-Jahres“ vorstellte. Das Herzogtum wurde vor 200 Jahren gegründet und existierte 60 Jahre.
Die Nassauer Erklärung erinnere an eine Zeit intensiver Reformen in der Region zwischen Rhein, Main und Lahn, die zwar 200 Jahre zurückliegen, gleichzeitig aber große Aktualität besitzen, sagte Rink während einer Pressekonferenz in der Wiesbadener Marktkirche, dem 1862 errichteten so genannten „Nassauer Landesdom“. Die Pisa-Studie habe die aktuelle Notwendigkeit von Chancengleichheit in der Bildung, um die es schon dem Herzogtum ging, deutlich gemacht. „Da wollen wir als starke Kraft tätig werden“, sagte Rink und verwies auf die Eröffnung des evangelischen Gymnasiums in Bad Marienberg und einer evangelischen Grundschule in Mogendorf. Rink: „Schulgründungen können das bestehende Schulsystem positiv beeinflussen.“ Der dort vermittelte Spracherwerb, Orientierung und Familienarbeit seien Grundlagen für bessere Ausbildungschancen junger Menschen.
Das evangelische Bildungsengagement beginne aber schon im Kindergartenalter. Mit 640 Kindertagesstätten innerhalb der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau stehe ein Drittel aller Einrichtungen in Rheinland-Pfalz und Hessen in evangelischer Trägerschaft. Dort würden die Kinder – auch schon ab dem zweiten Lebensjahr – in religiöser Hinsicht begleitet. Damit trage die Kirche auch dazu bei, ungleiche Bildungsstände bei der Einschulung abzubauen.
Das Engagement in der Diakonie machte Rink am Beispiel der Heime Scheuern in Nassau deutlich, in dem das vom Herzogtum proklamierte Prinzip der Subsidiarität zum Ausdruck komme. Die Einrichtung, in der mehr als 600 Menschen mit einer Behinderung betreut werden, nehme neue Herausforderungen an und habe sich vom „Anstaltsort“ zur modernen diakonischen Einrichtung entwickelt, in der auch dezentrale Wohnformen wie in Nastätten angeboten werden.
Der Dialog der Religionen sei besonders aktuell, wie zuletzt der Papst-Besuch in der Türkei zeige. Wie es zu einer pluralistischen Gesellschaft dazu gehöre, mit Menschen zusammenleben zu lernen, die einen anderen Glauben haben und ihnen dazu auch den nötigen Gebetsraum zu ermöglichen, müsse auch auf die klare Trennung zwischen Religion und Staat geachtet und sich mit dem Thema Religion und Gewalt eingehend beschäftigt werden. Rink sprach sich für die Einführung eines deutschsprachigen islamischen Religionsunterrichtes in Städten mit hohem muslimischem Bevölkerungsanteil aus. Neben der klassischen Aufgabe der Kirche von Verkündigung und Seelsorge seien die schon im Herzogtum Nassau angestoßene Entwicklung von Bildung, Diakonie, Ökumene und Toleranz entscheidende Handlungsfelder der evangelischen Kirche, was auch im derzeitigen Prioritäten-Prozess der Landeskirche entsprechende Berücksichtigung finden müsse, so der Propst. (bcm)
